Essen, Nürnberg, Hamburg – und dann Heide. Als nördlichsten Punkt ihrer deutschlandweiten Tour kamen Sarah Vecera, Judy Bailey und Patrick Depuhl am 21. März zu uns nach Dithmarschen. „Jesus ist nicht schwarz-weiß“ war ihr Thema, und „Gespräche, Lieder und Geschichten am Küchentisch“ lautete nicht nur der Untertitel der Veranstaltung. Nein: An einem gedeckten Tisch und in entsprechend warmer Atmosphäre fand der ganze Abend statt. Im Rahmen dieser Konzertlesung kamen beachtliche Lebensgeschichten zur Sprache, allesamt geprägt von großer Liebe, ebenso wie von Schmerz und Hoffnung.
Von Sarah Veceras Buch ausgehend („Wie ist Jesus weiß geworden? Mein Traum von einer Kirche ohne Rassismus“) und noch mehr durch die Musik von Judy Bailey, deren Vorfahren in Westafrika versklavt und in die Karibik verschleppt worden waren, wurde mehr als deutlich: Antirassismusarbeit ist nicht nur eine Sache des Kopfes, sondern vor allem auch eine des Herzens.
In einem der berührendsten Momente des Abends erzählte Patrick Depuhl aus seiner eigenen Familiengeschichte: Denn sein eigener Vater war in einem der sogenannten „Lebensborn“-Heime der SS auf die Welt gekommen. Die hatte damals Heinrich Himmler bauen lassen, damit mehr „arische“ Kinder geboren würden. Er selbst, der gebürtige Duisburger Patrick Depuhl, ist mit Judy Bailey verheiratet,und die beiden haben drei Söhne im Teenageralter, die mit allesamt jüdische Namen tragen. Der harte Schluss seiner liebevollen Erzählung: Zur NS-Zeit wäre diese Art, Familie zu leben, lebensgefährlich gewesen
Auch die heutigen Erfahrungen von Alltagsrassismus, die Judy Bailey und Sarah Vecera als Mütter auch im Blick auf ihre Kinder teilten, waren sehr bewegend. Insbesondere wurde der Schmerz, den Eltern erleben, weil sie ihren Kindern diese Erfahrungen in einer von oft unbewusstem und unabsichtlichem Rassismus geprägten Gesellschaft nicht ersparen können, spürbar. Doch diese schweren Momente bestimmten nicht den Abend, sondern Freude und Zuversicht, wie Sarah Vecera aus ihrem aktuellen Buch zitierte: „Die Liebe, das Miteinander sind das, was letztendlich zählt im Leben.“
Auf Einladung der Heider Kirchengemeinde und in Kooperation mit dem Verein „Büsum bleibt bunt e.V.“ kamen zu diesem ermutigenden Abend gut 60 Menschen in der St. Jürgen-Kirche zusammen, an dem einführenden Anti-Rassismus-Workshop am Nachmittag hatten zuvor schon über 20 Engagierte teilgenommen. Gerade angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung tat es gut, gemeinsam über den Horizont hinauszudenken und Menschen hautnah zu erleben, die aus ihrem Leben, von ihrem Lebensmut und ihrer Hoffnung erzählten.
Britta Baar und Christian Verwold